Danzig für Foodies – Brauerei PG4

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Die Hansestadt ist immer eine Reise wert, Kultur- und Strandurlaub lassen sich hier aufs Schönste verbinden. Danzig für Foodies ist gleichfalls angesagt – Craft Beer liegt im Trend, selbst das ‚ausgestorbene‘ Jopenbier feiert eine Renaissance. Besuche mit uns die Brauerei PG4!

 

 

Danzig für Foodies – mit Diplombrauer Johannes Herberg in der Brauerei PG4

Einen Brauer haben wir uns anders vorgestellt: breitschultrig, kräftig und natürlich mit Bierbauch. Einen Muskelprotz, der ein volles Fass stemmen kann ohne ins Schwitzen zu geraten. Doch der uns entgegenkommt, ist schmal und zierlich, modisch aufgerüstet mit Baseball-Käppi – und von Bierbauch keine Spur! Der Mann stellt sich uns als Johannes Herberg vor, deutscher Brauer Im polnischen Danzig, wir mögen ihm bitte in den Lagerraum folgen.

Der weiß gekachelte Keller ist bis in die hinterste Ecke ausgeleuchtet. Auf dem Boden stehen pralle Jutesäcke in Reih und Glied. Während wir im OP-Ambiente etwas unschlüssig herumstehen, nimmt Johannes Fahrt auf, spricht über all das, was in der Jute schlummert: Hopfen, Braugerste, Malz… „Danzig für Foodies ist groß im Kommen“, meint er, „und Bier spielt eine wichtige Rolle.“

Craft Beer in Danzig – na zdrowje!

Bier, so erfahren wir, ist der Polen Lieblingsgetränk, sie trinken davon fast so viel wie die Deutschen, nämlich 100 Liter pro Kopf und Jahr. Seit dem Mittelalter wird in Danzig gebraut, neuerdings machen kleine Brauereien den Großen Konkurrenz. Eine davon ist PG4, untergebracht in einem Prachtbau neben dem Hautbahnhof. Der Neorenaissance-Palast ist zugleich eine angesagte Ausgehadresse und als Central Craft Beer Hotel eine außergewöhnliche Unterkunft.

Viel Backstein und Glas, dazu Kupfer der großen Kessel

Ein deutscher Brauer in Polen

Und was hat es mit dem Bier des Johannes auf sich? Der emsige Mann kreiert mehr als ein halbes Dutzend Sorten, darunter das goldene Alt-Danziger, das rustikale Krollinger, das dunkle Rauchbier… Sein Star ist das Jopenbier, 1449 erfunden, später vergessen und nun von Johannes zu neuem Leben erweckt. Mit verschwörerischer Geste winkt er uns in den Nebenraum, der fast komplett von einem stählernen Gärkessel ausgefüllt ist. Kaum hat er den Deckel angehoben, steigt uns ein aromatisch-süßlicher Duft in die Nase. Staunend starren wir in ein dunkles Gebräu, das an der Oberfläche von champignonfarbigen Fäden durchzogen ist.

Schimmel und starker Geschmack

„Schimmel!“ ruft Johannes begeistert aus, „nach zweieinhalb Monaten ist die Schicht zäh wie Leder und dick wie eine Scheibe Brot. Wenn ich sie abnehme, schwimmt darunter ein Gesöff, das nach Nuss und schrumpeligen Äpfeln schmeckt.“ Wie nur, fragen wir überrascht, sind die mittelalterlichen Erfinder des Jopenbiers auf die Idee gekommen, Sporen eines Schimmelpilzes auf Bier zu streuen? Pfiffikus Johannes weiß die Antwort: “Damals wurde Bier in Holzschuppen in offenen Bottichen gelagert. Natürlich war es dort feucht und klamm. Da blieb‘s nicht aus, dass sich Schimmelpilz bildete. Seine Sporen segelten ins Bier und lösten die Gärung aus. Offenbar hat der damit einhergehende Walnussgeschmack den Danzigern so gut gefallen, dass sie das Bier immer weiter verfeinerten…“

Dunkel und süß wie Portwein – Jopenbier in dekorativer Keramikflasche

Portwein? Jopenbier!

„Als Zweites kommt die Hefegärung ins Spiel“, erzählt Johannes. „Sie sorgt dafür, dass der Malzzucker in Alkohol umgewandelt wird. Hat sich die Hefe nach vier bis sechs Wochen auf dem Grund abgesetzt, wird der Bottich abgepumpt. Nun erlebt das Bier seine dritte und längste Gärung mit Hilfe von Aromapilzen. Die letzte Etappe sorgt für die Veresterung“. Und weil Johannes in unser ahnungsloses Gesicht blickt, klärt er uns auf, “die Verbindung von organischen Säuren und Alkohol, die Abrundung des Geschmacks!“ Er reicht uns ein kleines Glas, füllt es mit einem zähflüssigen, dunklen Gebräu. „Je länger die Gärung dauert, desto intensiver der Geschmack – fünf Monate müssen‘s mindestens sein!“ Unser erstes Jopenbier! Es riecht nach Port und Madeira-Wein, schmeckt herrlich süß nach Karamell und Nüssen. „Jopenbier hat viermal so viel Kalorien wie Cola“, so Johannes, „man trinkt es gern als Aperitif!“

Designer haben ganze Arbeit geleistet

Johannes führt uns nun in Räume, die man mit viel Understatement als Schänke bezeichnen könnte. Durch riesige Glasfronten blicken wir auf hellrote Backsteingiebel, überall stehen glänzende Kupfer- und Stahlkessel, weich gepolsterte Holzbänke in den Ecken. Hier haben Innen-Designer ganze Arbeit geleistet und ein entschlacktes, zeitgemäß rustikales Brauerei-Bistro-Ambiente geschaffen. Viele Danziger fühlen sich sichtlich wohl, füllen die Räume von früh bis spät.

Genuss-Oase

„Foodpairing ist das Motto“, weiht uns Johannes ein, „scheinbar unvereinbare Aromen werden zusammengebracht“. Und weil sich im PG4 alles ums Bier dreht, ist Hopfen- und Gerstensaft oft Bestandteil der ambitionierten Gerichte. Wir probieren heute aber lieber etwas Traditionelles, wählen mit Entenfleischfarce gefüllte Piroggen und Zander in Goldwasser, einen mit Goldflitter angereicherten Danziger Likör. Dazu bestellen wir eine Deska Degustacyjna, ein Probier-Set von vier PG4 Bieren. Und als Dessert einen torcik piwny, ein „Bier-Törtchen“, Süßes mit einer leicht bitteren Biernote… Smacznego! Nach dem Mahl müssen wir nicht weit laufen: Nur die Treppe hoch ins Craft Beer Central Hotel und sogleich ins Bett…

Jeden Abend beste Stimmung im PG4

Danzig für Foodies

Browar PG4 / Craft Beer Central Hotel: Gdańsk,ul. Podwale Grodzkie 4, Tel. (+48) 58 668 21 56 08; www.pg4.pl; deutschsprachige Brauerei-Touren mit Johannes Herberg buchbar über www.centralhotelgdansk.pl, eine Übernachtung für zwei Pers. im Doppelzimmer inkl. Frühstücksbüfett kostet ab 100 €.

Macht auch optisch viel her: Bier-Törtchen / Boleslaw Gut, der sympathische Direktor, lässt es sich im PG4 gutgehen / Frühstücksbüfett im Craft Beer Central Hotel – großzügig, aber ohne Bier

Anreise Danzig:

Mit Auto von Berlin auf der Autobahn A11, von Lübeck auf der A20. In Polen kommst Du auf der neuen vierspurigen Ostsee-Schnellstraße S6 von Stettin via Kołobrzeg / Koszalin schnell nach Danzig (500 km / 6 Std.). Mit Zug: z.B. ab Berlin-Ostkreuz über Fankfurt/Oder und Posen ca. 8 Std., Sparpreis hin und zurück um 70 €. Mit Flugzeug: Außer Linienfliegern wie LOT, Lufthansa; Austrian Airlines und KLM steuern zahlreiche Billigflieger Danzig an (u.a. Eurowings, Ryanair und Wizz Air). Hier kostet ein One-Way-Ticket ab 40 €.



Aktuelle Infos zu Danzig und zur Dreistadt: DuMont Direkt Danzig von Dieter Schulze

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